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Reaktionsumkehr – Selbsthilfetechnik für Dermatillomanie/Skin Picking

Das Pulen oder Zupfen bestimmter Hautabschnitte zur Beseitigung von Unreinheiten, Schuppen, Krusten oder Härchen ist ein weitverbreitetes und teilweise sinnvolles Reinigungs- und Pflegeritual, das auf viele Menschen eine beruhigende Wirkung hat. Wenn diese Handlungen maßlos (exzessiv) ausgeübt werden, einen Großteil der Aufmerksamkeit beanspruchen und das tägliche Leben beeinträchtigen, spricht man von Dermatillomanie (alternativ: Skin Picking oder „compulsive skin picking“). Menschen, die darunter leiden, berühren, reiben, kratzen oder quetschen bestimmte Hautstellen oder dringen mit spitzen Gegenständen in diese ein. Die Erkrankung zählt zu den Impulskontrollstörungen. Das bedeutet, dass die Betroffenen einen starken inneren Drang verspüren, dem sie kaum Widerstand entgegensetzen können. Verstand, Störungseinsicht oder das Wissen um die nachfolgenden Schäden bleiben zumeist wirkungslos. Der Impuls, die Haut bearbeiten zu wollen, scheint übermächtig. Die Handlung wird daher oft geistig abwesend und automatisch ausgeführt. Erst wenn der Drang nachlässt und ein beruhigendes Gefühl einsetzt, wird die Handlung abgebrochen und beendet.

Manual

Wenn Sie daran interessiert sind, mehr über unsere evidenzbasierten Techniken (Varianten von Entkopplung, Habit Reversal Training als Selbsthilfeversion) zur Reduktion von Nägelkauen, Skin Picking oder Trichotillomanie (zwanghaftes Haareausreißen) zu erfahren, dann registrieren Sie sich über den untenstehenden Link. Sie erhalten dann unser Selbsthilfe-Manual „Tricks gegen Ticks“ sowie weitere wertvolle Behandlungstipps wie das Habit Replacement.

Die langfristigen Folgen sind in vielen Fällen äußerst nachteilig. Das Bearbeiten der Haut kann zu beachtlichen Verletzungen (Wunden, Narben) und Schmerzen führen sowie zu einem hohen Leidensdruck, großem Schamgefühl und starken Selbstvorwürfen. Außerdem kann die Störung den beruflichen und privaten Alltag beinträchtigen. Betroffene meiden soziale Kontakte oder Aktivitäten, weil sie sich für die beschädigten Hautstellen schämen. Vielen fällt es außerdem schwer, alltäglichen Tätigkeiten und Verpflichtungen nachzukommen, weil die Pflege und das Verdecken der verletzten Haut viel Zeit in Anspruch nehmen.

In unserer Gesellschaft hat eine glatte, makellose Haut einen hohen Stellenwert und steht für Gesundheit und Attraktivität. Ist die Haut dagegen nicht glatt und makellos, wird dies häufig negativ bewertet – auch unterstützt durch Werbung, die versucht, uns weiszumachen, dass mit ein wenig Pflege und Cremes niemand unter Pickeln oder Dellen leiden müsse. Die Folge ist, dass Betroffene unter echter oder befürchteter Abweisung durch ihre Mitmenschen leiden. Dies kann zu sozialem Rückzug und zur Isolation führen, was Gefühle wie Einsamkeit und Traurigkeit verstärkt: ein Teufelskreis, da der resultierende Stress dazu führen kann, dass wieder mehr an der Haut gedrückt und gekratzt wird, um die negativen Gefühle zu verringern.

Wir haben in einer eigenen Studie (Moritz et al., 2012) herausgefunden, dass die Anwendung der sogenannten Gewohnheitsumkehr (Habit-Reversal-Training) als Selbsthilfetechnik bei einigen Betroffenen mit Dermatillomanie zu einer deutlichen Verringerung der Symptomatik führt. Das Habit-Reversal-Training wird bei Trichotillomanie (zwanghaftes Ausreißen der Haare) bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Beim Habit-Reversal-Training wird das problematische Verhalten durch eine andere, neue Verhaltensweise ersetzt, die mit dem Pulen, Kratzen und Knibbeln nicht vereinbar ist. Das alte Problemverhalten wird also verhindert und auf diese Weise verlernt. Verspürt man beispielsweise den Antrieb (Impuls), die Finger Richtung Gesicht zu einer Hautstelle zu führen, kann man sich stattdessen eine Zeit lang auf beide Hände setzen. So ist es unmöglich, die Haut zu bearbeiten. Nach einiger Zeit lässt dann gewöhnlich der Drang nach, die Haut kratzen zu müssen. Außerdem lernt das Gehirn auf diese Weise, anders mit dem Impuls umzugehen. Mit der Gewohnheitsumkehr wird das Problem zwar nicht an der Wurzel gepackt, aber es kann helfen, die Hautschäden und das damit verbundene psychische Leiden zu verringern.

Das Manual können Sie kostenlos über diese Seite beziehen. Über dieselbe Seite erhalten Sie außerdem Zugriff auf zwei andere Maßnahmen, von denen sich das „Entkoppeln in sensu“ („in sensu“ = in der Vorstellung) ebenfalls bei Dermatillomanie bewährt hat.

Publikationen

Moritz, S., Fricke, S., Treszl, A., & Wittekind, C. (2012). Do it yourself! Evaluation of self-help habit reversal training in pathological skin picking. A pilot study. Journal of Obsessive-Compulsive and Related Disorders, 1, 41–47.


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